Als ich angefangen habe im Garten Gemüse anzubauen, dachte ich das es zu kompliziert und schwierig ist im Haus die Pflanzen vor zu ziehen. Ich habe die Vorgezogenen Gemüsepflanzen im Gartenmarkt für relativ viel Geld gekauft. Da wir über die Jahre immer mehr anpflanzen wollten, war das einfach nicht mehr Kosten-Effizient.
Als ich dann angefangen habe es mal selbst zu versuchen, habe ich gemerkt, dass es überhaupt nicht kompliziert ist, wenn man ein paar Dinge beachtet. Um es für Dich leicht zu machen, habe ich Dir hier einige Tipps zusammengefasst, dass die Anzucht auch bei Dir zu Hause problemlos funktionieren kann.
1. Zubehör
Hier sind ein paar Dinge die Dir bei einer erfolgreichen Anzucht helfen:
Samen
Bei der Samen Auswahl achten wir auf folgende Kriterien:
- Bio-Qualität
- Samenfest (die Samen der neuen Pflanzen können wieder gepflanzt werden)
- gute Keimfähigkeit
Daher kaufen wir unser Saatgut fast ausschließlich bei www.bingenheimersaatgut.de
Natürlich kann man auch gutes Saatgut im Gartenmarkt kaufen, jedoch sollte man sich dennoch eigene Kriterien festlegen. Was ist Dir wichtig bei deinem Gemüse?
Zum Beispiel verwenden wir keine F1 Sorten, dass sind Zuchtsorten die nicht Samenfest sind und wir in der Zukunft auch eigenes Saatgut sammeln wollen.
Behälter
- Eierkartons aus Papier
Der Vorteil ist das sie sich von selbst auflösen, wenn man sie einpflanzt. Aber da die Pappe viel Wasser aufsaugt, trocknen die Pflänzchen schneller aus bzw. Du musst dann darauf achten das du ggf. öfter gießen musst. Außerdem sollten sie auf einer Unterlage stehen die das Wasser hält, sonst läuft dir eventuell das extra Wasser ab.
- Plastikbehälter aus der Küche, z.B. von Milch, Jogurt, Sahne, Pflücksalat, Magarine…
Es gibt den Behältern noch eine Möglichkeit genutzt zu werden, bevor sie im Plastikmüll landen
- Zeitungspapierbehälter
Wenn man sowieso Zeitungspapier zuhause hat, ist das eine sehr billige Methode Anzuchtbehälter selbst zu machen. Ich persönlich nutze diese nicht, da zwar das Papier kompostiert, die Farbe aber nicht. Es gibt jedoch sehr viele die diese Methode nutzen und darin kein Problem sehen. Das ist Dir überlassen.
Um diese Behälter zu machen, brauchst du etwas rundes (ein Glas oder eine alte Dose) um die Du das Papier wickeln kannst. Schneide das Papier so aus, dass es von der Länge mehrmals um dein Gefäß wickeln kann und von der Breite das es unten noch etwas mehr als die Hälfte des Durchmessers übersteht. Nun wickelst du das Papier um das Gefäß und drückst das Papier anschließend fest am Boden an. Es hilft auch das Papier auf einem Tisch etwas anzudrücken bevor das Gefäß herausgezogen wird.
- Klopapierrollen bzw. Küchenpapierrollen:
Sammle diese über ein Jahr hinweg, dann hast Du genügend für Deine Anzucht. Du kannst die Rolle einfach so mit Erde füllen oder sie unten verschließen.
Um die Klorollen zu verschließen, klappe die Rolle an einem Ende flach zusammen, dann nochmals, allerdings mit der anderen Seite, so dass ein Viereck entsteht, schneide an den 4 Ecken ca. 2cm ein. Jetzt werden die Seiten wie ein Karton zusammengefaltet. Stelle die Rollen eng beieinander damit sie nicht umfallen.
- Plastik- oder Papptrinkbecher:
Ich bin kein Fan von Einweg-Plastikbechern, aber wenn Du welche hast, kannst du diese so wiederverwenden. - Alte Pflanzentöpfe:
Wir haben im ersten Jahr viele Pflanzen angezogen gekauft, die Behälter habe ich alle aufgehoben und kann sie jetzt Jahr für Jahr weiterverwenden.
- Anzuchtbehälter:
Man kann auch fertige Anzuchtbehälter mit Bodenschale und Deckel kaufen.
Ganz gleich welche Behälter du benutzen möchtest, wichtig ist das sie sauber und trocken sind. Behälter aus dem Vorjahr sollten desinfiziert werden um keinen Keimen die Möglichkeit zu geben sich in deinen neuen Pflänzchen zu vermehren. Das kannst du machen indem du die Töpfe mit Wasser und Seife reinigst und ein paar Stunden in die Sonne stellst oder mit einer Mischung aus Bleiche und Wasser (1:10) und die gesäuberten Töpfe dort für ca. 10 Minuten einweichen lassen.
Um von unten zu bewässern bieten sich Deckel von Plastikboxen an. Wir haben diese noch übrig von alten Boxen die wir mittlerweile nicht mehr nutzen. Alternativ geht auch Alufolie in dem man einen Rand formt oder eine Wasserdichte Box in die man die Töpfe rein stellen kann.
Kompost oder Anzucht Erde
Deine kleinen Pflänzchen sind wie kleine Kinder, sie brauchen noch „Baby-Nahrung“ ohne Keime, Insekten oder Bakterien. Daher empfiehlt es sich Bio Anzucht-Erde vom Gartenmarkt zu kaufen oder gut gereiften und gesiebten Biokompost.
Beides funktioniert sehr gut.
Licht
Deine Pflänzchen brauchen viel Licht. Am besten künstliches Licht, bis es draussen länger hell ist. Solltest Du kein künstliches Licht verwenden wollen, sollten die Pflänzchen auf jeden Fall auf der Süd-Seite an einem Fenster stehen.
Für künstliches Licht gibt es im Internet Rot-Blaue LED Lichter, diese funktionieren sehr gut, sind aber verhältnismäßig teuer.
Alternativ kannst Du einfache Halogenlampen verwenden, es ist nur wichtig das Du darauf achtest, dass diese das Sonnenlicht imitieren. Dafür brauchst du zwischen 5000 und 10000 Kelvin.
Wieviel Licht Du brauchst, siehst Du in der Übersicht unten.
Wärme
Besonders Tomaten, Gurken, … brauchen mehr Wärme als z.B. Salat. Bei Salat reichen 15-18°C, bei Tomaten sollten es auf jeden Fall über 18°C sein.
Wir haben bei uns immer ca. 18°C und hatten damit eigentlich noch keine Probleme. Nur Paprika & Chili sollten es etwas wärmer haben.
Bei idealer Temperatur keimen die Pflanzen zu fast 100%, wenn es kühler ist, keimen weniger Pflanzen und wenn es zu kalt ist keimen keine.
Solltest du am Fenster anziehen, ist es wichtig das es nicht am Rahmen zu sehr rein zieht und Nachts ggf. zu kalt wird. Ebenso ist es wichtig das es nicht zu warm wird. Wenn zum Beispiel under der Fensterbank eine Heizung ist, wird es wahrscheinlich nicht so leicht sein gesunde und große Pflanzen aufzuziehen. Momentan haben wir einfach noch zu wenig Tageslicht und die Wärme von der Heizung lässt die Pflänzchen „vergeilen“. Das bedeutet das die Pflanzen verkrümmen und bzw. einen Lichtmangel aufweisen und somit nicht stark wachsen können.
Hier ist eine kleine Übersicht:
15°C – 12 Stunden Licht:
- Brokkoli
- Rosenkohl
- Karotten
- Erbsen
- Spinat
- Radieschen
20°C – 12-16 Stunden Licht:
- Basiklikum
- Oregano
- Pfefferminz
- Rosmarin
- Salbei
20°C – 14-20 Stunden Licht:
- Aubergine
- Tomaten
- Erdbeeren
- Paprika
2. Zur richtigen Zeit einsähen
Auch wenn es oftmals schon im Januar in den Fingerspitzen kribbelt und man unbedingt anfangen möchte ist es dennoch wichtig zur richtigen Zeit mit der Anzucht zu beginnen. Fängt man zu früh an kann es passieren das die Pflanzen eigentlich schon in den Garten müssten und sich verwurzeln es aber draussen noch zu kalt ist.
Am besten schaut man auf die Saatgut Verpackung, dort steht meist von wann bis wann man am besten vorziehen kann.
Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, füllt man die gesäuberten Behälter mit Kompost oder Anzucht Erde und drückt die Erde gut an. Anschließend gibt man ein bis zwei Samen in den Topf und je nach Keimtiefe (das steht meist auch auf der Verpackung) gibt man noch etwas Erde dazu. Generell gilt die Größe des Saatguts unter die Erde. Also z.B. Salat wird fast nicht abgedeckt, Spinat dagegen wird etwas tiefer gelegt.
Ich plane immer etwa 10-15% mehr Saatgut wie ich Pflanzen benötige. Damit habe ich auf jeden Fall am Ende genug für meinen Garten. Wenn doch welche übrig sind, freuen sich auch Verwandte und Bekannte über ein Pflänzchen als Geschenk 😊
Die Samen sollten nun bis zur Keimung (also bis kleine Pflänzchen wachsen) immer feucht bleiben. Um die Samen nicht aus der Erde zu spülen, nimmt man dafür am besten eine Sprühflasche.
Um zu vermeiden das die Erde antrocknet kann man auch die Töpfe mit einem Deckel oder Frischhaltefolie abdecken. Es funktioniert auch ohne, nur sollte man dann auf jeden Fall morgens und abends kurz nach den Pflänzchen schauen und ggf. etwas bewässern.
Bei den Pflanzen die Wärme brauchen (Tomaten, Gurken,…) hilft eine Abdeckung auch die Erde warm zu halten.
Für die Keimung benötigen die Pflanzen noch kein extra Licht, das geht in jedem Zimmer.
Es ist zusätzlich hilfreich die Töpfe zu beschriften, oftmals sehen die kleinen Setzlinge sehr ähnlich aus und es kann schwerfallen zu unterscheiden welche welche sind.
3. Wenn die Pflänzchen gekeimt sind
Jetzt kann man die Bedeckung abnehmen und die Pflänzchen ca. 10-15 cm unter ein Licht stellen. Um den Pflänzchen bei der Wurzelbildung zu helfen kann man nun von unten bewässern.
Sobald die Pflanzen die ersten 4 Blätter gebildet haben ist es Zeit zu pikieren, das bedeutet man die Pflanzen die z.B. nicht so gut gewachsen sind entfernt und in den Töpfen in denen mehrere Samen gekeimt sind, Platz schafft in dem man die Pflanzen trennt. Entweder schmeißt man den Überschuss weg, oder pflanzt sie in ein anderen Topf.
Bevor man damit beginnt, sollte die Erde gut bewässert sein. Um die Wurzel nicht zu beschädigen kann man ein Zahnstocker oder ein Pikierstab verwenden um dem Pflänzchen aus dem Topf zu helfen.
Dieser Vorgang ist sehr wichtig um jedem Pflänzchen genügend Pflanz und Nährstoffe zu geben um gesund wachsen zu können.
Wenn Du die Pflänzchen nicht wegschmeißen möchtest und statt dessen umpflanzen willst, ist es wichtig das du in dem neuen Topf eine Kuhle bildest die tief genug für die Wurzel ist. Anschließend kannst du dann noch etwas Erde hinzugeben. Die Erde sollte aber nicht höher sein als davor. Außer bei Tomaten, diese sollten etwas tiefer eingegraben werden da sie dann mehr wurzeln austreiben und somit eine stärkere Pflanze werden.
Wenn Du kleine Behälter wie zum Beispiel Eierkarton verwendet hast, ist jetzt auch der Zeitpunkt die Pflanzen in einen größeren Topf um zu pflanzen.
Achtung bei Kürbis, Gurken und Bohnen diese mögen es nicht umgepflanzt zu werden, daher sollten sie von Anfang an ein einem ausreichend großen Topf angepflanzt werden.
Um so größer die Pflanzen werden um so höher kann man das Licht setzen.
5. Pflänzchen abhärten
In Deinem Haus bekommen die Pflanzen ideal Bedingungen, keinen Wind, keinen Regen … Um deine Pflanzen für den Garten vorzubereiten ist es wichtig sie abzuhärten und auf die Bedingungen draußen vorzubereiten. So wachsen die Wurzeln jetzt schon tief und stark.
- Um Wind zu stimulieren und somit auch die Wurzeln etwas zu stärken kannst du hin und wieder für kurze Zeit einen Ventilator (auf niedrigster Stufe) aufstellen. Du kannst auch hin und wieder mit der Hand vorsichtig durch über die Pflanzen fahren um Bewegung zu stimulieren.
- Auch wenn von unten bewässern die Wurzeln stärkt, kannst du hin und wieder Regen mit einer Sprühflasche imitieren. Die Erde an der Oberfläche sollte aber trocken sein bevor du sprühst.
Sollte sich weiße-Schimmel-Ähnliche Flächen auf der Erde bilden so handelt es sich hierbei um einen Pilz. Dieser entsteht wenn die Luftfeuchtigkeit zu hoch ist oder die Erde zu nass ist. Um dem entgegen zu wirken hilft es einfach etwas weniger zu gießen und die Erde etwas antrocknen zu lassen und sorge dafür das der Raum gut belüftet ist.
6. In den Garten pflanzen
Bevor deine wunderbaren Pflänzchen in Dein Beet gepflanzt werden können, müssen sie sich langsam an die tatsächlichen Bedingungen draußen vorbereitet werden. Sonst kann es passieren das alle absterben (<- leider spreche ich da aus Erfahrung).
Um sicher zu gehen das dir das nicht passiert, kommen hier ein paar Tipps wie es ohne Verluste geht:
- Suche dir in deinem Garten einen schattigen Platz bzw. einen Platz der nicht im direkten Sonnenlicht ist und wo es nicht sehr windet.
- Stelle deine Pflänzchen dort am ersten Tag für 2 Stunden hin
- Am 2. Tag für 3 Stunden
- Wiederhole das für die nächsten 5-8 Tage und erhöhe die Zeit jeden Tag um jeweils eine Stunde.
- Nach und nach kannst Du die Pflanzen dann immer näher an den eigentlichen Ort wo sie gepflanzt werden sollen schieben.
Sollten sich die Wetterbedingungen in dieser Zeit drastisch ändern, sprich plötzlich sehr kalt werden oder stürmisch. Dann beginnt diese Gewöhnungsphase wieder von vorne nach dem das Wetter sich wieder gebessert hat.
Wenn möglich, pflanze deine Anzucht an einem Bewölkten Tag in den Garten oder gegen Abend wenn die Nachmittagssonne langsam nach unten geht.
Sobald deine Pflanzen im Garten sind, bewässere die Erde um die Pflanzen herum gut damit die Erde aus dem Beet die Feuchtigkeit aus deiner Pflanze zieht und diese dann eingeht.
Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Deiner Anzucht.
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